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Hl. Koloman

David Merlin

2014 wurde das tausendjährige Jubiläum der Übertragung der Gebeine des hl. Koloman (†1012) gefeiert. Er ist kein tatsächlicher Diözesanschutzpatron, seine Verehrung ist aber großregional verbreitet. Kürzlich wurden den einstimmigen liturgischen Gesängen zu Ehren Kolomans zwei Beiträge gewidmet.[28] Es seien hier bündig die wichtigsten Aspekte zusammengefasst.

Koloman ist der Hausheilige des Benediktinerstiftes Melk. Der dies natalis (Todestag) ist unbekannt – der gefeierte Termin ist eigentlich das Translationsfest (13.10.). Zu Ehren des hl. Koloman wurden das Offizium Fons et origo boni, ein Alleluja sowie die zwei Sequenzen Coelestis te laudat und Letabundus fidelis komponiert.[29] Alle anderen Propriumsgesänge der Messe wurden sogar auch in Melk dem Commune unius martyris entnommen. Zudem wurden Koloman sechs Hymnen gewidmet (bzw. umgewidmet), drei davon wurden von Christan von Lilienfeld gedichtet.[30] Für die Hymnen ist gemäß dem heutigen Stand der Forschung keine Melodie bekannt. Das Offizium Fons et origo boni ist zwischen 1089 und ca. 1170 entstanden, vielleicht in der Amtszeit von Abt Erchenfrid (1121 bis 1160/1163).

Außerhalb von Österreich sind Koloman gewidmete Kultusstätten auch in Deutschland (besonders in Bayern), Italien (Südtirol), Slowenien und Ungarn zu finden. Sein Fest war in allen Kalendern der Kirchenprovinz Salzburg eingetragen.[31] Obwohl man den hl. Koloman im süddeutschen Sprachraum und in den Nachbarländern auch sehr verehrte, wurde das komplette Offizium Fons et origo boni (fast ausschließlich?) in Melk gesungen.[32] Die Sequenzen erfuhren eine größere Verbreitung. Laetabundus fidelis erscheint mit Notation im von Johannes Winterburger gedruckten » Graduale Pataviense aus dem Jahr 1511.[33] Das Fest des hl. Koloman ist auch in Missalen zu finden, die eine Passauer-ungarische Mischtradition aufweisen.[34]

Der hl. Koloman nimmt sowohl politisch-historisch als auch volkstümlich gesehen in der Geschichte Österreichs seine Bedeutung ein.[35] Die Babenberger und die Habsburger haben mehrmals versucht, einen Bischofsitz in Wien zu gründen. Zu diesem Zweck wurden das Schottenstift und in noch größerem Ausmaß der hl. Koloman mit ins Spiel gebracht. Ein Beweis dafür ist auch die sogenannte, nicht nur Virgil gewidmete „Virgilkapelle“: ein unterirdischer Raum nah am Wiener St. Stephansdom, dessen Achse auf den Punkt des Sonnenaufgangs am 13.10. orientiert ist.[36] Zudem wurde im Jahr 1361 nach dem Willen Rudolfs IV. des Stifters der sogenannte Kolomanistein, der Stein, worauf Koloman gemartert wurde, beim nordwestlichen Eingang des Wiener Stephansdoms eingemauert (Bischofstor).

[28] Merlin 2014aMerlin 2014b. Geschichtliche Untersuchung in Niederkorn-Bruck 1992 und Niederkorn-Bruck 2012.

[29] Die Texte wurden in den AH ediert: Fons et origo boni (AH 13, Nr. 34); Coelestis te laudat (AH 54, Nr. 37); Laetabundus fidelis (AH 41, Nr. 6). Das Alleluja ist in Schlager 1987 nicht eingetragen.

[30] Die Texte wurden in den AH ediert. Anonyme Hymnen: Mare fons ostium (AH 4, Nr. 319); Salve felix miles (AH 4, Nr. 218); Salve sancte Colomanne (AH 3, Nr. 40). Hymnen von Christan von Lilienfeld: Novelli sideris exorto iubare (AH 41, Nr. 5); Gaude o felix Austria (AH 41, Nr. 6) und Cholomanni da precibus (AH 41, Nr. 7).

[31] Karnowka 1983, 41.

[32] Im Passauer Dom wurde (zwischen 1386 und 1418?) die Historia gestiftet; vgl. Karnowka 1983, S. 41, Fußnote 289. Es ist durchaus plausibel, dass im Laufe weiterer Forschungen andere musikalische Quellen auftauchen werden. Dies wäre besonders innerhalb der Melker Kongregation der Benediktiner zu erwarten.

[33] Auf. fol. 256v; Faksimile-Ausgabe: Väterlein 1982.

[34] Darüber siehe Lauf 2010.

[35] Über die vier in Fußnote 28 zitierten Werke hinaus ist diesbezüglich auch Lammer 2000, 78 ff. von Interesse.

[36] Diesbezüglich siehe Firneis/Göbel/Köberl 1981.