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Drucke von Musik zum hl. Leopold

David Merlin

Die editio princeps des Offiziums Ecclesia sancta wurde bald nach der Kanonisation Leopolds gedruckt. Es folgten fünf liturgische Drucke mit den Offizien, Gebeten und Propriumsgesängen für die Messe, welche in der weiter unten folgenden Tabelle aufgelistet sind. Es handelt sich um kleinformatige Faszikeln mit wenigen Blättern, meistens nur mit schwarzer Tinte und ohne Dekoration gedruckt. Winterburgers Ausgabe hingegen enthält einen Holzschnitt sowie verzierte Anfangsbuchstaben und ist sorgfältig und zweifarbig gedruckt.

Die Einführung der Feste Leopolds fällt in eine Blütezeit der liturgischen Drucke. Das für diese Buchgattung relativ neue Medium wurde für die Verehrung Leopolds prompt zum Einsatz gebracht. Die Herstellung von gut sechs Ausgaben von Extra-Heften (supplementum, Nachtrag) mit den Formularen zu Ehren Leopolds – und dazu kommen noch die Breviere und Missalen – beweist das große, nicht allein religiöse, sondern auch politische Interesse, dieses neue Fest an den kirchlichen Institutionen möglichst schnell zu verbreiten.

Nur eines der eben genannten liturgischen Hefte ist auch eine musikalische Quelle. Der Druck Incipit hystoria de sancto Leopoldo ist mit gotischer Choralnotation versehen und wird der Offizin von Johannes Petri zugeschrieben. Die Druckfehler dieses Heftes kann man bei der Ausführung der Gesänge unmöglich übersehen: lange Segmente der Melodie wurden um eine Terz falsch wiedergegeben. Ein erfahrener Sänger hätte dies sofort bemerken müssen und das Problem durch die Einfügung bzw. Verbesserung von Schlüsseln überwunden. Die Häufigkeit, mit der solche Fehler auftreten, lässt sich so erklären: der Setzer von Petri war mit Musik nicht vertraut und/oder die Vorlage war fehlerhaft. Man kann die Schlussfolgerung ziehen, dass das Interesse überwiegend darin lag, die Texte und das Fest zu verbreiten und weniger die Melodien.

Gedruckte Hefte mit liturgischen Formularen zu Ehren des hl. Leopold

Titel/Incipit

Ort

Drucker

Jahr

Inhalt

Officium S. Leopoldi Marchionis

[Wien]

[Drucker der Historiae von S. Rochus]

ca.1485

Ecclesia sancta;
Messe

Historia de sancto Leopoldo Marchione
(In festo sancti Leopoldi confessoris
non pontificis officium)

[Passau]

[Johann Petri]

ca.1488

Austria laetare;
Messe

Officium S. Leopoldi
(In festivitate sancti Leopoldi confessoris
non pontificis secundum rubricam Romanam)

[Passau]

[Johann Petri]

ca.1488

Virga directionis;
Messe

Hystoria sancti Leopoldi
(In festivitate sancti Leopoldi confessoris
non pontificis marchionis Austrie
secundum rubricam ecclesie Pataviensis)

[Passau]

[Johann Petri]

ca.1489

A solis ortu
(Virga directionis);
Messe

Incipit hystoria de sancto Leopoldo (Rubrik)

[Passau]

[Johann Petri]

ca.1490

Austria laetare;
Messe (mit Notation)

Hystorie de festo et translatione
divi Leopoldi marchionis Austrie

Wien

Johannes Winterburger

[1506]

Austria laetare (T);
Ecclesia sancta;
Messe

(Vgl. Paul 2008, 21–50, sowie Incunabula Short Title Catalogue (http://www.bl.uk/catalogues/istc/index.html) und RELICS (http://quod.lib.umich.edu/r/relics/), wo auch auf die Nachschlagewerke hingewiesen wird. Die Informationen in Klammern sind im Original nicht vorhanden. Lediglich RELICS verweist auch auf folgendes Buch: Lectiones, responsoria, hymnus et missa pro S. Leopoldi Archiducis Austriae festivitate, Augsburg: Hans Froschauer, ohne Jahr.)

Ohne Notation sind außerdem die Formulare für Leopold in gedruckten Missalen der Diözesen Passau und Salzburg sowie in gedruckten Brevieren für Passau zu finden.[73] In dem Antiphonar (» Antiphonale Pataviense), das im August 1519 Johannes Winterburger in Wien druckte,[74] sind die Melodien der Offizien Austria laetare (fol. 107v–110r) und Ecclesia sancta sowie des Hymnus Austriae decus princeps (fol. 227v–229v) enthalten.

Bemerkenswert ist das vom Prior Balthasar Polzmann verfasste » Compendium vitæ miraculorum,[75] das im Jahr 1591 im Stift Klosterneuburg gedruckt wurde. Innerhalb dieses historischen biographischen Werkes auf Lateinisch sind die zwei letzten Kapitel gar keine Abhandlung: Sie enthalten die Offizien Austria laetare und Ecclesia sancta. Trotz dem irreführenden Anschein kann man dieses Buch als einen zuverlässigen Zeugen der in Klosterneuburg am Ende des 16. Jahrhunderts gefeierten Liturgie einstufen und behaupten, dass sie der ein Jahrhundert vorher etablierten Form der liturgischen Verehrung Leopolds vollkommen treu geblieben ist – dies gilt zumindest für die Texte.

[73] Leopold-Formulare befinden sich in folgenden Büchern (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): den Missalen für Passau (Augsburg: Ratdolt 1494 und 1498, sowie Wien: Winterburger 1503, 1507 und 1509); den Missalen für Salzburg (Wien: Winterburger 1506 und 1510); den Passauer Brevieren (Augsburg: Ratdolt 1490 sowie Venedig: Liechtenstein 1515).

[74] Faksimile-Ausgabe: Schlager 1985; zu den Argumenten gegen eine ausschließliche Zuschreibung zur Diözese Passau siehe Merlin 2012c.

[75] » Polzmann, Balthasar: Compendium vitae miraculorum S. Leopoldi, Sexti Marchionis Austriae, cognomento Pii (…), Klosterneuburg: Leonardus Nassinger 1591 (konsultiertes Exemplar: A-Wn 53.235-B Alt).