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Heiligenverehrung an der Wiener Universität

David Merlin

Die Heiligenverehrung fand ihren Platz auch innerhalb festlicher Akte der 1365 von Rudolf IV. gegründeten Wiener Universität. Im 15. Jahrhundert war der Kolomanitag ein offizieller Feiertag, später dann der Leopolditag (13.10. bzw. 15.11.). Trotzdem war das Fest Kolomans für die Alma Mater Rudolfina immer ein Tag besonderer Bedeutung: Er bildete den Auftakt für das Wintersemester und es wurde – abgesehen von wenigen Ausnahmen – an diesem Tag traditionell die Rektorswahl durchgeführt.[55] Wurde dabei eine Messe gefeiert, liegt es daher nahe, dass währenddessen eine Koloman-Sequenz gesungen wurde.

Am Leopolditag fand kein Unterricht statt und Studenten und Professoren versammelten sich, um am feierlichen Gottesdienst im Stephansdom teilzunehmen. Vermutlich erklangen dort die Orgel[56] und mehrstimmige Musik, sicherlich kam die liturgische Einstimmigkeit zum Einsatz.[57] Es ist durchaus denkbar, dass für die Gesänge des Proprium Missae das Leopold-Formular gesungen wurde. Für die Vesper werden sie sich seit 1506 sicherlich des Offiziums Ecclesia sancta bedient haben.[58] Für den Zeitraum von 1485 bis 1505 ist bisher nicht näher bestimmbar, welches Formular verwendet wurde. (vgl. Kap. Hl. Leopold und Kap. Die Translatio des hl. Leopold)

[55] Niederkorn-Bruck 1992, 46 und Wodka 1970, 231.

[56] Seit 1334 ist die Orgel im Stephansdom belegt, vgl. Czernin 2011, 71.

[57] Diesbezüglich steht eine Untersuchung aus.

[58] Ein Beispiel dafür sind zwei Veröffentlichungen Johannes Winterburgers: die Hystorie de festo et translatione divi Leopoldi aus dem Jahr 1506 (» Abb. Gedruckte liturgische Formulare zu Leopold) und das Antiphonar aus dem Jahr 1519.