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Der Mönch von Salzburg

Stefan Engels

Spätestens ab dem Beginn des 15. Jahrhunderts finden sich in immer mehr Handschriften Lieder eines Dichters und Komponisten, dessen Name nur mit einem Pseudonym angegeben wird: Der „Mönch“ von Salzburg.[1] Ihm werden 49 geistliche und 57 weltliche Lieder zugeschrieben, die in über 100 Handschriften des Mittelalters aufgeschrieben wurden, davon enthalten 83 Handschriften geistliche Lieder des Mönchs[2]. Die Lieder keines anderen Lyrikers des Mittelalters sind in derart zahlreichen Quellen überliefert. Der Mönch kann somit zu den bedeutendsten Musikern gezählt werden, die in Salzburg gewirkt haben und das Musikgeschehen in dieser Stadt prägten. Seine Lieder haben noch 20– 30 Jahre später Oswald von Wolkenstein beeinflusst. Sogar heute noch findet sich sein Lied Joseph lieber nefe mein[3], eine Neudichtung des Resonet in laudibus zum „Kindlwiegen“ (» A. Weihnachtsgesänge)  als Joseph, lieber Joseph mein in den Kirchengesangsbüchern. Die weltlichen Lieder sind u. a. wegen usueller Mehrstimmigkeit und Instrumentenangaben von Bedeutung. Der Mönch schrieb den ersten deutschsprachigen Kanon Martein, lieber herre mein, bezeichnet als „ain radel von drein stymmen“ (W 55).

[1] Editionen: Spechtler 1972 bietet eine vollständige Textausgabe der geistlichen Lieder des Mönchs von Salzburg und führt die Zählung für die geistlichen Lieder des Mönchs ein: G + Nummer des Liedes; März 1999 ediert Texte und Melodien mit Kommentaren der weltlichen Lieder und führt dafür die Zählung W + Nummer ein; Waechter 2004 bringt alle Melodien des Mönchs mit Kommentar.

[2] Vgl. Spechtler 1972, 92.

[3] G 22. Die Zuschreibung ist nicht gesichert: vgl. » B. Das geistliche Lied, Anm. 51.