Sie sind hier

J. Körper und Seele; Engel, Tod und Teufel

Abb. Das jüngste Gericht
Abb. Das jüngste Gericht

Abb. Das jüngste Gericht (Detail). Altarbild aus Hall (Tirol), 1504, Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, Inv. Nr. 85, mit Genehmigung. Die beim Jüngsten Gericht erklingende Engelmusik findet in einer Kirche statt. Realistische Musikdarstellung lässt das Jenseits vertraut erscheinen.

Wie eng Musik und Mentalität zusammengehören, lässt sich an der sozialen Praxis des Musiklebens im Spätmittelalter zeigen: Musik diente gleichsam als Sprachrohr und Vermittler individueller und kollektiver Emotionen. So artikulierte sich die Frömmigkeit der Laien zum Teil musikalisch, sowohl in der ritterlichen Sphäre als auch bei Wallfahrten, Prozessionen und Pilgerfahrten. Man eiferte den musikalischen Gepflogenheiten der Kirche nach, deren Vorgaben (» A. Laienfrömmigkeit: Die Rolle der Kirche) manchmal abergläubisch übertrieben wurden. Geistliche Lieder wie In Gottes Namen fahren wir (» Hörbsp. ♫ Gottes namen faren wir, Hofhaimer; » Hörbsp. ♫ Ave mundi spes Maria/Gottes namen faren wir) wurden zu Symbolen kollektiver und praktizierender Gläubigkeit. Die Musik der Engel stellten sich Theologen und Laien gleichzeitig phantastisch und realistisch vor, was die musikalische Mentalität der Zeit selbst charakterisiert. Endzeitvisionen und körperliche Erfahrungen verschränkten sich im musikalisch artikulierten Leben des Einzelnen und der Gemeinschaft. Musik wurde zum Ausdruck kollektiver Hass- und Angstvorstellungen eingesetzt; die in Musikstücken dargestellten Gegenbilder waren Fremde: Ketzer, Juden, Hussiten und Türken. Es kann sein, dass Musik in solchen Zusammenhängen zum Teil autotherapeutisch funktionierte; jedoch diente etwa die Verspottung von Juden in den Passionsspielen auch rassistischer Verzerrung und zynischen Machtinteressen.

Die mit * gekennzeichneten Texte sind leider noch nicht online verfügbar.