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Zeitgenössische Rezeption des Antiphonarius

David Merlin

Der Melodienvergleich zwischen den Cantus firmi der Missa de Beata Virgine à 4 (I) von Heinrich Isaac und den Ordinariumsgesängen des Graduale Pataviense Winterburgers aus dem Jahr 1511 hat zu keiner direkten Entsprechung des Melodienprofils geführt, dennoch zum Beweis einer starken Affinität.[54] Ein Vergleich zwischen den Melodien des Antiphonarius und Cantus firmus-basierten Kompositionen für das Stundengebet der maximilianeischen Ära ist noch nicht durchgeführt worden. Allerdings wäre, wie im oben erwähnten Fall, eine vollkommene Übereinstimmung nicht zu erwarten, vielmehr eine gewisse bis starke Ähnlichkeit.

Auf den Innenseiten des Vorder- und Rückdeckels des Wiener Exemplars befinden sich Nameneintragungen aus den Jahren 1595, 1641 und 1674–1696. Letztgenannte sind Vermerke eines Schulmeisters (lector). Dies weist darauf hin, dass der Antiphonarius noch lange Zeit, nachdem er als liturgisches Buch nach dem Konzil von Trient (theoretisch) nicht mehr verwendet werden konnte, als Gesangbuch, also als Melodienrepertoire für den Unterricht, Verwendung fand.