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Der Dommesner

Ute Monika Schwob

Stets mitten im Gedränge agierte bei liturgischen Feiern der Dommesner,[9] der unterstützt vom Mesnerknecht und anderen Helfern für die technische Organisation der liturgischen Handlungen zuständig war: Er legte die jeweils erforderlichen Messgewänder und Chorröcke bereit, holte rechtzeitig die benötigten liturgischen Bücher und Gegenstände herbei, zündete Kerzen an und löschte sie ab, sobald sich, was oft geschah, das Kultgeschehen örtlich verlagerte. Er organisierte vor, am Schluss und während der Gottesdienste das Läuten mit einzeln, paarweise oder in unterschiedlichen Kombinationen eingesetzten Glocken. Als eine Art Zeremoniär ordnete er auch die häufigen Umgänge innerhalb des Doms und im Dombezirk, ferner Prozessionen durch die Stadt und Kirchfahrten, etwa die zum alten Bischofsitz Säben oder nach Neustift. Er traf die speziellen Vorbereitungen für die vier Hauptfeste des Kirchenjahres − Weihnachten, Ostern, Pfingsten und das Kirchweihfest − sowie für alle in deren Umkreis vorgesehenen Bräuche. In Ausnahmefällen hatte er als Vertreter des Hilfslehrers den Gesang der Chorschüler zu leiten. Bei Bedarf durfte er Schüler zu Diensten einteilen. Selbstverständlich war er für die Aufbewahrung und Pflege der bei Gottesdiensten und religiösen Ritualen benötigten Utensilien verantwortlich, bei Kerzen und Oblaten sogar für deren Herstellung. Zum viermal jährlich fälligen Auskehren des Doms und für das gelegentliche Tragen schwerer Gegenstände, etwa für die Aufstellung der Palmhütte zur Palmweihe, holte er sich weibliche wie männliche Gehilfen, die mit einem Essen, meist einer Suppe, entlohnt wurden.

Im 16. Jahrhundert übte der gebürtige Brixner Veit Feichter das anstrengende Amt des Mesners am Brixner Dom aus. Gestützt auf eigene Praxis und Angaben seines Vaters, der 52 Jahre lang dieses Amt inne gehabt, sowie eines weiteren Vorgängers, der schriftliche Unterlagen hinterlassen hatte, entschloss sich der schulisch ausgebildete, schrift- und lateinkundige Feichter, zur Wahrung althergebrachter Traditionen ein umfassendes Mesnerpflichtbuch zusammenzustellen. Vermutlich nutzte er auch Informationen von Kanonikern, vor allem vom Custos, und schriftliche Nachschlagewerke der Geistlichkeit. So kam in den Jahren um ca. 1554–1560 ein volkssprachliches (südbairisch-oberdeutsches) Regelwerk, ein „Direktorium“ zustande, das alle Aufgaben des Dommesners im Lauf des Kirchenjahres beschreibt. Im Spätmittelalter gebräuchliche, über den heutigen Liturgiebegriff hinausgehende Riten werden darin mitbehandelt. Gesänge, Gebete und Lesungen hat Feichter nur als Initien angegeben, sozusagen als Stichworte für seine an der jeweiligen Stelle notwendigen Vorkehrungen. Verglichen mit ähnlichen Texten, etwa aus Nürnberg, ist das Brixner Dommesnerbuch ungewöhnlich detailliert und mit 190 Blättern im Folioformat besonders umfangreich.

Das Dommesnerbuch befindet sich im Diözesanarchiv Brixen (ohne Signatur); es wurde 2001 von Andrea Hofmeister-Winter in dynamischer und digitaler Edition veröffentlicht.[10]

[9] Vgl. Hofmeister-Winter 2001, 15–22; Text des Brixner Dommesnerbuchs, passim.

[10] Hofmeister-Winter 2001. Zum Editionskonzept vgl. S. 9–14.