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Bozen und Sterzing als Spielorte

Sandra Désirée Theiß

Seit der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts ist die Aufführung geistlicher Spiele, in denen Ereignisse aus der Lebensgeschichte Jesu zur Darstellung kommen und die durch die Aufnahme liturgischer Textelemente und Melodien eine enge Verbindung zum christlichen Kult aufweisen,[1] für den Tiroler Raum belegt.[2] An der Wende zum 16. Jahrhundert stiegen die Südtiroler Städte Bozen und Sterzing zu den bedeutendsten Spielorten der Region auf und zeichneten sich durch die aufwändige Inszenierung österlicher Spiele aus.[3] Anhand zahlreicher zeitgenössischer Quellen[4] lässt sich nachverfolgen, dass diese Blütezeit mit dem Wirken eines Bürgers zusammenhängt, der sich in herausragender Weise für die Spielaufführungen engagierte: Vigil Raber.

[1] Zur literarischen Gattung des „Geistlichen Spiels“ vgl. einführend Schulze 2009.

[2] Das älteste Zeugnis stammt aus Hall: Dokumentiert ist eine Passionsspielaufführung im Jahr 1430. Vgl. Neumann 1987, Bd. 1, Nr. 1866–1870.

[3] Der erste sichere Textzeuge für ein geistliches Spiel aus Sterzing datiert aus dem Jahr 1486; in Bozen sind Belege ab 1472 vorzufinden, wobei dort ab 1514 die Spiele des Osterfestkreises von den Fronleichnamsspielen in den Hintergrund gedrängt werden. Vgl. Neumann 1986, 528, 536f. sowie zu den ersten Belegen Neumann 1987, Bd. 1, Nr. 73f., Nr. 2523.

[4] Zu diesen Quellen zählen die Rechnungsbücher der Bozner Kirchpröpste, der Sterzinger Bürgermeister und Kirchpröpste sowie eigene Aufzeichnungen Rabers. Vgl. Wolf 1989, 943; aufgeführt sind die Quellen in Neumann 1987, Bd. 1.