Sie sind hier

Optime pastor

William Dongoi (Zink), Yoshimichi Hamada (Zink), Mattias Sprinz, Ole-Kristian Andersen, Cas Gevers, Félix Stricker (Posaune)
Liber selectarum cantionum 1520, fol. 1v–13r
Heinrich Isaac – virgo prudentissima
Christophorus 1999
mit freundlicher Genehmigung des Labels
Hans-Joachim Röhrs

Die Motette Optime divino … pastor steht – wie Virgo prudentissima –  (» Hörbsp. Virgo prudentissima) im Zusammenhang mit offiziellen Zeremonien des Hofes Kaiser Maximlian I. Da sie die beiden cantus firmus-Melodien Da pacem, Domine und Sacerdos et pontifex so verarbeitet, dass diese gleichzeitig erklingen und zudem mit einem Text von Georg Slatkonia verknüpft werden, nimmt sie in Isaacs Schaffen eine Sonderstellung ein. Obwohl Kaiser und Papst angesprochen werden, sind die Personen nur indirekt mittels ihrer lateinischen Begriffe bzw. (Wappen)Tiere benannt (z.B. „medicus“ oder „leo“ = Medicipapst Leo X.; „aquila“ = Kaiser Maximilian I.).

In Isaacs Satz, der von einer Zweistimmigkeit ausgeht und die sich zur pompösen Vollstimmigkeit des Schlusses entwickelt, werden somit unterschiedliche Textebenen verschränkt, die die enge Interaktion von geistlichen und weltlichen Ämtern symbolisieren, und die mit dem in hochstehendem Humanistenlatein gehaltenen Text vereint um Frieden bitten.

Die außergewöhnliche Vielschichtigkeit von Optime divino … pastor, die sich also mehrfach in Text und Musik widerspiegelt, lassen das Werk als Komposition erscheinen, bei der das Zusammenwirken der einzelnen Mitglieder der Hofkapelle (Komponist, Textdichter, Sänger) für eine interpretatorische Ausführung des Anlasses gefordert war und deren Aufführung innerhalb eines offiziellen zeremoniellen Rahmens anzusetzen ist. Ob dieser Rahmen wie lange angenommen die Gratulation an Papst Leo X. zur Papstwahl war (1513), oder einer neuen Hypothese zufolge der Empfang des päpstlichen Nuntius Lorenzo Campeggi in Innsbruck (1514), bleibt Gegenstand weiterer Forschung.

Ungeachtet der bedeutenden textlichen Mitteilungen der Komposition konnte sie, wie es von anderen vielstimmigen Motetten schon damals belegt ist, auch von einem Bläserensemble aufgeführt werden wie hier.

Stefan Gasch