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Lira da braccio

Abb. Apoll auf dem Parnass
Abb. Apoll auf dem Parnass

Holzschnitt aus Melopoiæ sive Harmoniæ tetracenticæ, Augsburg: Oeglin 1507. Exemplar: Bayerische Staatsbibliothek München, D-Mbs Rar. 291, fol. 137r.

Abb. Apoll mit Lira da braccio
Abb. Apoll mit Lira da braccio

Celtis-Kiste von 1508 (Albrecht Dürer) mit Lira da braccio-spielendem Apoll.
Photo: René Steyer

Baptiste Romain
Jérôme Lejeune
Romanesca
spätes 15. Jh.-ca. 1540
S. 174-175

Die Lira da braccio ist eine Weiterentwicklung der mittelalterlichen Vielle (Fidel) und findet sich in Oberitalien ab dem späten 15. Jahrhundert. Sie gehört zur Gruppe der frühen „Orpheus-Instrumente“, wie die Cetra, und wurde zur Begleitung von Einstimmigkeit und rezitativischem Gesang eingesetzt. Durch einen relativ flachen Steg und eine Re-entrant-Stimmung konnten mit einem Bogen von geringer Haarspannung mehrere Saiten gleichzeitig angestrichen und damit eine Begleitung mit akkordischen Klängen hervorgebracht werden, die die Zeitgenossen mit dem Effekt der antiken Kithara assoziierten. Mit ihren 7 Saiten – eine an die Saitenzahl der Kithara angelehnte, bewusst allegorische Zahl – ist neben bestimmten Akkordverbindungen und dem Einsatz von Bordunen auch melodisches Spiel in gewissen Grenzen möglich. Ihr da gamba gespieltes Pendant ist die kurz nach 1500 erfundene Lirone, die für akkordisches Begleitspiel noch flexibler eingesetzt werden kann.

Die einzige Quelle mit notierten Beispielen für das Instrument ist die relativ späte Pesaro-Handschrift (I-PESo 1144), die aber einen Eindruck für die Einsatzmöglichkeiten des Instruments gibt.

(Aufnahme mit freundlicher Genehmigung entnommen aus der CD „Sulla Lira – The Voice of Orpheus“, Ensemble Le Miroir de Musique, Ricercar 2015.)

Marc Lewon