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Nun bitten wir den heiligen geist

1537
eingespielt im Auftrag des FWF-Projekts ,Musikleben’
Michele Gaggia

Nun bitten wir den heiligen geist ist einer der ältesten bekannten Leisen – geistliche Lieder in der Volkssprache, die oft mit der Anrufung „Kyrieleis“ enden (» B. Kap. Rufe und Leisen). Nun bitten wir ist schon im 13. Jahrhundert belegt; ebenso wie das Pfingstlied Kom heiliger geist, herre got dürfte dieser Leis von der Antiphon Veni sancte spiritus, reple tuorum corda abgeleitet sein. Die Anrufung des heiligen Geistes galt als besonders wirksam gegen raschen Tod, weshalb sie als Bittlied für Pilgerfahrten geeignet war (» J. Formen der Laienfrömmigkeit). Die Gläubigen sangen Nun bitten wir auch zur Aufführung geistlicher Spiele (» A. Der Kremsmünsterer ludus, Kap. Nun bitten wir den heiligen Geist). Unter den mehrstimmigen Vertonungen des 15. Jahrhunderts ist auch die Motette Veni rex conditor/ Nu pitten wir im St.-Emmeram-Codex (um 1440), in der der Leis als deutschsprachiger Tenor vorgetragen wird (» Notenbsp. Nu pitten wir). Die hier eingespielte einstimmige Fassung folgt dem katholischen Kirchengesangbuch von Michael Vehe (Leipzig 1537).

Reinhard Strohm