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Ich fragt ain wachter

Els Janssens-Vanmunster (Gesang), Baptiste Romain (Vielle)
D-HEu cpg 329, fol. 11r-v
Argentum et Aurum. Musical Treasures from the Early Habsburg Renaissance
Naxos 2015
eingespielt im Auftrag des FWF-Projekts ,Musikleben’
Michaela Wiesbeck

Der traditionelle Typus des „Tagelieds“ (Alba), in dem Liebende sich trennen müssen, weil der Wächter von der Zinne den Tag verkündet, wird in Hugo von Montforts Ich fragt ain wachter (um 1400) zu einem geheimnisvollen, ja mystischen Dialog mit einem „Wächter“, der über des Dichters Seele Bescheid weiß. Er ermahnt ihn, an sein Ende, an die Vergänglichkeit der Welt und den danach kommenden Morgen zu denken. Diese Stimmung hat der Vertoner, Graf Montforts Knappe Bürk Mangolt, in seiner klagenden Melodie eingefangen. Die wiederholten „phrygischen“ Motive waren damals auch aus Mariencantionen und Sanctus-Melodien bekannt: Anklänge an geistliche Melodietraditionen, die das Gedicht musikalisch vertiefen (» B. Traditionsbildungen des deutschen und lateinischen Liedes).

Reinhard Strohm