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Patris sapientia

Christoph Schöffmann, Harald Wurmsdobler (Solisten)
  • Gesang
eingespielt im Auftrag des FWF-Projekts ,Musikleben’
Michele Gaggia

Eingespielt ist eine Teilaufführung des lateinischen Passionsliedes Patris sapientia, veritas divina, gefolgt vom Vers Adoramus te Christe und Gebet Domine Iesu Christe nach jeder Strophe. Dies entspricht dem gottesdienstlichen Ritus der Kreuzwegstationen (Via crucis), der besonders seit dem 16. Jahrhundert vielerorts am Karfreitag kollektiv ausgeführt wurde.

Patris sapientia entstand ursprünglich als Lesegedicht (“Reimgebet”) und war zur Meditation der Stunden der Passion, also zur privaten Andacht, am Karfreitag gedacht (» Kap. Patris sapientia). Es wurde angeblich von Kardinal Egidio Colonna um 1310 verfasst und hat die Form der lateinischen “Vagantenstrophe” des 13. Jahrhunderts. Eine Melodie dazu ist erstmalig gegen 1455 im Codex I-TRcap 93* überliefert und zwar als cantus firmus einer polyphonen Messvertonung vielleicht böhmischer Herkunft. In Böhmen mag auch die Melodie um 1400 entstanden sein. Vgl. » Strohm, Zur Rezeption 1985; » Notenbsp. Patris sapientia; »Abb. Patris sapientia.

Die zahlreichen Quellen des Liedes (mit oder ohne Melodie), die Übersetzungen in mehrere Sprachen, mehrstimmigen Vertonungen und protestantischen Fassungen (Christus, der uns selig macht) machen Patris sapientia zu einem umfassenden Zeugnis christlicher Passionsriten.

Reinhard Strohm